Die „blockfreien“ Gemeinden

Unter der Bezeichnung „blockfrei“ lassen sich Brüdergemeinden verschiedener Herkunft und Prägung zusammenfassen, die keinem der drei großen „Blöcke“ (BEFG, „Freier Brüderkreis“, „geschlossene Brüder“) angehören. Etwa die Hälfte dieser insgesamt etwa 115 Gemeinden sind missionarische Neugründungen, z.B. durch die Deutsche Inland-Mission, die andere Hälfte sind ehemalige „geschlossene“ Versammlungen, die die „geschlossene“ Gruppe verlassen haben oder verlassen mussten. Die folgende Beschreibung konzentriert sich auf diese zweite Teilgruppe.

Nach verschiedenen Uneinigkeiten und Streitigkeiten (neben der grundsätzlichen Frage der gastweisen Abendmahlszulassung anderer Christen spielten dabei u.a. ein umstrittener Ausschluss aus der Versammlung Meinerzhagen-Worbscheid 1985 sowie der Versuch, einige neu entstandene Gemeinden in Österreich 1991 „in Gemeinschaft zu bringen“, eine Rolle) eskalierten in den 1990er Jahren latent schon lange vorhandene Spannungen unter den „geschlossenen Brüdern“. Willem J. Ouweneel (Niederlande) kritisierte in der Schrift Sektiererei, dass die „Brüder“ sich von ihrem ursprünglichen Ideal, für alle wiedergeborenen, konsequenten Christen offen zu sein, weit entfernt hätten und in Gefahr stünden, eine völlig isolierte, abgeschlossene Glaubensgemeinschaft zu werden. In mehreren „Gladbecker Gesprächen“ nahmen „progressive“ Brüder unter der führenden Rolle von Willem J. Ouweneel und Henk P. Medema Kontaktgespräche mit „Freien Brüdern“ auf. An vielen Orten waren immer mehr Gläubige nicht mehr bereit, sich weiter mit dem bisherigen offiziellen Kurs der „geschlossenen Brüder“ abzufinden; sie trennten sich und gründeten „blockfreie“ Gemeinden, die zum Teil große Zuwächse zu verzeichnen hatten. Weitere neue Gemeinden entstanden durch Ausschluss-Reaktionen seitens „exklusiver“ gesinnter Versammlungen. Bis 1999 hatten sich bereits an 36 Orten in Deutschland Trennungen ereignet, weitere 9 Versammlungen waren als ganze „außerhalb der Gemeinschaft gestellt“ worden.

Die „blockfreien“ Brüder (auch: „Unabhängige“, „Ex-Exklusive“, „neue Versammlungen“; sie selbst nennen sich meist schlicht „Christliche Gemeinden“) bemühen sich, zu den Anfangsgrundsätzen der Brüderbewegung zurückzukehren und die Gemeinschaft mit allen Gläubigen zu suchen, zugleich aber auch eingefahrene Traditionen und Strukturen (z.B. die getrennte Sitzordnung von Frauen und Männern in den Zusammenkünften) neu zu überdenken. Innerhalb der Gruppe wird keine Einheitlichkeit angestrebt; während sich einige Gemeinden zu den „Freien Brüdern“ hin öffnen, unterscheiden sich andere noch kaum von den „geschlossenen Versammlungen“. Uneinheitlich ist heute auch die Haltung zu Willem J. Ouweneel, dessen Änderung seiner Standpunkte (bis hin zur Öffnung für charismatische Tendenzen) inzwischen von vielen als zu weitgehend empfunden wird.

Den „blockfreien Brüdern“ nahestehende Verlage sind die von Wolfgang Bühne mitgegründete Christliche Literatur-Verbreitung in Bielefeld mit ihrer Zeitschrift fest und treu sowie der Daniel-Verlag in Lychen-Retzow mit seiner Zeitschrift komm und sieh. Eine weitere Zeitschrift aus dem „blockfreien“ Spektrum ist Zeit & Schrift.


Dokumente auf bruederbewegung.de (PDF):

Bram Krol: Heute Abend spricht Bruder Steenhuis. Eine ex-exklusive „Versammlung“ in Nijverdal (übersetzt aus: Warm werk, 1996). Bericht über neue Entwicklungen in mehreren ehemals „geschlossenen“ Versammlungen in den Niederlanden unter Einfluss von Dato Steenhuis [7 Seiten, 61 KB].

Willem J. Ouweneel: Nachtbuch der Seele (1998; übersetzte Auszüge). In seinem auch unter „Blockfreien“ umstrittenen Nachtboek van de ziel beschreibt Ouweneel, wie er 1995 durch Deutung seiner Träume aus einer Midlife-Crisis herausfand. Das hier veröffentlichte Dokument stellt diejenigen Textpassagen zusammen, die sich auf die Brüderbewegung beziehen [19 Seiten, 191 KB].

Jacob G. Fijnvandraat: Was können wir aus unseren Träumen lernen? Gedanken zum Nachtboek van de ziel von W.J. Ouweneel (1999). Kritisch-wohlwollende Stellungnahme zum Nachtbuch mit vielen Hintergrundinformationen zur neueren Entwicklung der „geschlossenen Brüder“ [9 Seiten, 80 KB].

Identitätserklärung der „Christlichen Versammlungen“ (1999). Gemeinsame Erklärung der „offenen“ und (ehemals) „geschlossenen“ Brüdergemeinden in den Niederlanden [7 Seiten, 53 KB].

Lake Geneva Conference Report (1999). Ergebnisse einer Konferenz in den USA, bei der versucht wurde, die Grundsätze des gemeindlichen Zusammenkommens neu aus der Bibel heraus zu entwickeln, ohne Rückgriff auf die Schriften der „Brüder“ [60 Seiten, 258 KB].


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