Rezension


August Jung:
Als die Väter noch Freunde waren
Aus der Geschichte der freikirchlichen Bewegung

Kirchengeschichtliche Monographien 5
Wuppertal/Kassel/Witten (R. Brockhaus / Oncken / Bundes-Verlag) 1999
198 Seiten. ISBN 3-417-29435-5 / 3-933660-07-6


Dem interessanten Forschungsgebiet der Entstehung des deutschen Freikirchentums hat A. Jung ein neues Werk hinzugefügt. Zeitlich umfasst es die stürmischen Jahre um 1850, geographisch das Bergische Land, wo es damals zur Bildung von Baptisten-, Brüder- und Freien evangelischen Gemeinden kam. Dabei kann Jung aus bisher unerschlossenen Quellen Zusammenhänge aufdecken, die bisher so nicht gesehen wurden. Es ist ihm zu danken, dass er einige aus unklarer Quellenlage entstandene Vorurteile ausräumen kann. Der Frage, warum Christen, die alle nach der wahren Gemeinschaft der Kinder Gottes, nach der Gemeinde Jesu Christi, suchten, weil sie sie in der Staatskirche nicht finden konnten, nach anfänglichen Gemeinsamkeiten nicht zusamm[en]zubleiben verstanden, geht der Autor mit großer Genauigkeit nach.

Die Darstellung der sog. „darbystischen Heiligungslehre (Irrlehre des Perfektionismus)“ als historische Tatsache muss allerdings angezweifelt werden. Diese Lehre hat es bei den Führern der Brüderbewegung nie gegeben; sie beruht auf der missverstehenden Gegnerschaft kirchlicher Amtsträger, vielleicht auf dem Unverständnis schlichter Anhänger. Mit der These, diese Lehre sei der wirkliche Trennungsgrund gewesen, nimmt sogar Jung wieder ein altes Vorurteil auf. Gerade die Verlautbarungen des „Evangelischen Brüdervereins“, in dem „die Väter noch Freunde waren“, weisen eher auf die spezifische „Brüder“eigenart hin, sich außerhalb aller Institutionen am Tisch des Herrn versammeln zu wollen, wenn man auch die sog. Heiligungslehre vorschob, um der Staatskirche kein Argument gegen den schon bisher angefeindeten Verein zu schaffen. Allerdings wird durch die Differenz zwischen innerer Gewissensentscheidung und offiziellen Veröffentlichungen immer ein nicht völlig zu klärender Rest bleiben.

Auf jeden Fall ist das Buch ein wertvoller Beitrag zur Geschichte freikirchlicher Bewegung und mit seinem dokumentarischen Anhang dem an Freikirchen-Geschichte Interessierten eine aufschlussreiche Lektüre.

Gerhard Jordy

[zuerst erschienen in: Die Botschaft 12/1999, S. 24]

Lesen Sie auch unser Interview mit dem Autor des Buches.


Links zu weiteren Rezensionen dieses Buches:
• Stephan Holthaus in Bibel und Gemeinde 4/1999

StartseiteBibliothekRezensionen > Als die Väter noch Freunde waren


© 2004 by bruederbewegung.de · Letzte Änderung: Dienstag, 27. Dezember 2016