Der bruederbewegung.de-Fragebogen
Ausgefüllt von Andreas Steinmeister am 7. Januar 2005

Andreas Steinmeister wurde 1950 geboren. Nach einer Ausbildung zum Nichttechnischen Bundesbahnassistenten absolvierte er ein Lehramtsstudium für die Sekundarstufe I und arbeitete anschließend zwölf Jahre als Lehrer an einer staatlichen Haupt- und Realschule, neun Jahre als Schulleiter der Georg-Müller-Grundschule und zwölf Jahre als Schulleiter der Georg-Müller-Gesamtschule in Wetter (Nordrhein-Westfalen). Er verstarb 2018. Seine Heimatgemeinde war die ehemals „geschlossene“, seit 2009 „blockfreie“ Versammlung in Gevelsberg-Vogelsang.

Im Dezember 2004 legte er im Daniel-Verlag ein Buch über die Geschichte der Brüderbewegung vor, zu dem wir ihn gesondert interviewt haben.


1. Wer hat Sie als geistliches Vorbild in Ihrem Glauben besonders geprägt?

Zu Beginn war es der Evangelist Hanns Winterhoff, der mich die Liebe zu den Ungläubigen lehrte, dann Hendrik L. Heijkoop, der mich die Liebe zum Wort Gottes und zur Versammlung Gottes nach dem göttlichen Willen lehrte, und später Willem J. Ouweneel, der mich ganz besonders vor meinen Neigungen zur charismatischen Bewegung und zu philosophischen Schriften bewahrte, mir später aber leider genau das vormachte, wovor er mich gewarnt hatte.


2. Welchem Buch verdanken Sie entscheidende Anstöße und Einsichten?

Das waren ganz besonders Bücher von Watchman Nee und Francis Schaeffer; später kamen die Darby-Synopsis und die Auslegungen von Charles Henry Mackintosh über die fünf Bücher Mose sowie die Auslegungen von Henri Rossier über Könige und Chronika und das Buch Gedanken zum Schöpfungsbericht von Willem J. Ouweneel hinzu.


3. Gab es in Ihrem Leben eine Situation, die Sie als besondere „Erfahrung mit Gott“ erlebt haben? Wenn ja, welche?

Auf dem Weg zu meiner Verlobungsfeier verunglückte ich mit meiner damaligen Verlobten Elisabeth Oltmanns. Sie starb (entschlief) einige Tage nach dem Unfall. In der Folgezeit habe ich sehr deutlich das Reden Gottes durch sein Wort erlebt, seinen göttlichen Trost, seinen Zuspruch. Es war für mich eine ganz neue Erfahrung, des Herrn Nähe so lebendig zu verspüren. Später durfte ich erfahren, dass die Krankenschwester zum Glauben gekommen war.


4. Haben Sie eine Lieblingsfigur in der Bibel?

Ganz besonders meinen Herrn und Retter Jesus Christus. Seine Liebe, Langmut und Weisheit bewegen mich jeden Tag neu.

Abraham: Sein Glaube fasziniert mich sehr.


5. Welcher biblischen Person würden Sie gerne einmal eine Frage stellen? Welche?

Abraham: Ihn würde ich gerne fragen, was er in 1. Mose 22 empfunden hat.


6. Gibt es einen Lieblingsbibelvers, der Sie schon länger „begleitet“?

„Wenn jemand Weisheit mangelt, so bitte er von Gott“ (Jakobus 1,5).


7. Wie schaffen Sie es, im Alltag Gott zu begegnen und geistlich aufzutanken?

An jedem Morgen beuge ich meine Knie vor dem Herrn und spreche mit ihm über den Tag. Anschließend lese ich im Wort Gottes und bitte ihn darum, mir deutliche Hinweise für den Tag zu geben. Zudem besuche ich regelmäßig unsere Gebetsstunden am Dienstag, die Bibelstunde am Donnerstag und natürlich auch am Sonntagmorgen das Zusammenkommen zum Brotbrechen und am Sonntagnachmittag die „Wortverkündigung“ (Predigt).


8. Welche Bibelübersetzung nutzen Sie in der Regel und warum?

Die überarbeitete und die unrevidierte Elberfelder Bibel sowie die Schlachter 2000, häufiger auch die englische Darby-Übersetzung.


9. Was halten Sie für die charakteristische Stärke bzw. Schwäche der Brüderbewegung? Anders gefragt: Welche Impulse/Anstöße gingen oder gehen von der Brüderbewegung aus? Welche Impulse/Anstöße würden ihr vielleicht gut tun?

Stärke: das Zusammenkommen zum Brotbrechen/Anbetung am Sonntagmorgen sowie ihre Liebe zum Wort Gottes, zum genauen Schriftstudium; ihr kompromissloses Festhalten an der Verbalinspiration.

Schwäche: die außerordentlich bedauerlichen Trennungen, die meiner Überzeugung nach nicht alle nötig wären; die Schwierigkeit, Epheser 4,1–4 und 2. Timotheus 2,19–22 in einem geistlichen Gleichgewicht zu halten.

Impulse/Anstöße: Es wäre sicher gut, wenn vermehrt Brüder unabhängig von Tradition und Vorurteil sowie „Gruppenbindung“ miteinander beten und das Wort erforschen würden, damit Herzen zueinander finden und der Geist Gottes eine Neubelebung geben könnte, die allerdings das ganze Wort Gottes ernst nähme und sich vor diesem Gott beugte und nicht vor Menschen und Parteiungen.


10. Was verbindet Sie persönlich mit der Brüderbewegung?

Das Zusammenkommen zum Namen des Herrn Jesus, die freie Leitung des Heiligen Geistes in den Zusammenkünften, die Liebe zum Wort Gottes und die Freude der Gemeinschaft mit meinen Geschwistern am Ort in Gevelsberg sowie an anderen Orten.


11. Gibt es Themen oder Aspekte, die Ihrer Meinung nach in Kreisen der Brüderbewegung weniger (vielleicht zu wenig) beachtet werden? Welche stehen besonders im Vordergrund (oder werden sogar überbetont)?

Die Lehre über den einen Leib steht sehr im Vordergrund und auch die Lehre über das geistliche Haus Gottes. Zu wenig wird meiner Ansicht nach über Jüngerschaft gesprochen und über die persönliche Nachfolge im Berufsleben sowie über das Wiederkommen des Herrn Jesus. Die Gefahr besteht, den kollektiven/korporativen Aspekt des Christentums so hoch zu bewerten (der übrigens sehr wohl auch von Gott hoch bewertet wird), dass der individuelle Aspekt wesentlich zu kurz kommt. Das Gleichgewicht fehlt oft.


12. Welche Chancen und Gefahren sehen Sie in Zukunft auf die Brüderbewegung zukommen?

Gefahren: vermehrte Trennungen, mehr Verweltlichung, das Aufgeben der Schöpfungsordnungen (1Kor 11; 14,34ff.; 1Tim 2,8ff.), mehr und mehr theologischer Intellektualismus anstelle von einfältiger Nachfolge; zunehmende Öffnung für charismatische Einflüsse; Anpassung an evangelikale Gruppen und Entwicklungen in der Evangelischen Allianz.

Chancen: Bei kompromisslosem Festhalten am Wort Gottes und einem vom Herrn Jesus abhängigen Leben in Verbindung mit intensivem Missionseifer und einer klaren Trennung von wirklich Bösem wird der Herr ganz gewiss segnen.


13. Sonstige Kommentare und Bemerkungen:

Anstelle eines Kommentars möchte ich folgende Bibelverse weitergeben:

„Er hat Macht geübt mit seinem Arm; er hat zerstreut, die in der Gesinnung ihres Herzens hochmütig sind“ (Lk 1,51).

„... und wenn ihr zur Rechten oder wenn ihr zur Linken abbieget, so werden deine Ohren ein Wort hinter dir her hören: Dies ist der Weg, wandelt darauf!“ (Jes 30,21)

„Schaffe uns Hilfe aus der Bedrängnis! Menschenrettung ist ja eitel“ (Ps 60,11).

Bewegen tut mich besonders dieser Text von John Nelson Darby, den er um 1840 schrieb (Letters, Bd. 1, S. 34f.):

„Es ist meine Freude und mein Vorrecht, mich in der Mitte der Brüder zu befinden, die einander in Christus kennen, und mich der Segnung brüderlicher Gemeinschaft zu erfreuen in aller Schwachheit, in der sie gegenwärtig gefunden wird; aber ich könnte keine Versammlung anerkennen, die nicht alle Kinder Gottes empfängt, weil ich weiß, dass Christus sie empfängt. Ich sehe die Kirche in Trümmern: Ich folge meinem Gewissen entsprechend dem Licht, das ich aus dem Wort empfangen habe, aber ich wünsche auch die Schwachheit oder den Mangel an Licht bei anderen Christen zu tragen und möchte alles tun, um die zu vereinigen, die den Herrn lieben. [...] Aber ich würde lieber allein und isoliert bleiben – eine Stellung, die zugegebenermaßen durchaus nicht wünschenswert ist –, als die Grenzen der Kirche Christi auf einige Brüder einzuengen, selbst dann, wenn sie in ihren Gedanken richtiger sind als andere, und dadurch die Wirksamkeit des Geistes Gottes zu schwächen, indem Er die Schafe des Herrn vereint, die durch unsere Jämmerlichkeit und durch unsere Sünden zerstreut sind.“


Veröffentlichungen von Andreas Steinmeister:

Last Age oder Die Angst vor Morgen. Wuppertal (Verlag und Schriftenmission der Evangelischen Gesellschaft für Deutschland) 1988, ²1989, ³1991.

Auferstehung – Realität oder Illusion. Argumente für die Auferstehung Jesu Christi und die Auferstehung der Toten. Wuppertal (Verlag und Schriftenmission der Evangelischen Gesellschaft für Deutschland) 1989. — 2., überarbeitete und erweiterte Auflage: … und ER ist doch auferstanden und lebt! Wider eine gottentehrende Theologie. Wuppertal (Artos) 2015.

Unbequem ...? Gottes Plan für Mann und Frau. Hückeswagen (CSV) 1991, ²1996.

Unmöglich geworden? Der Tisch des Herrn nach Gottes Plan. Hückeswagen (CSV) 1992.

Das Leben Albert Winterhoffs. Hückeswagen (CSV) 1999.

Abraham und Lot. Was irgend ein Mensch sät, das wird er auch ernten. Lychen (Daniel) 2002.

… ihr alle aber seid Brüder. Eine geschichtliche Darstellung der „Brüderbewegung“. Lychen (Daniel) 2004.

Licht und Schatten. Lektionen aus dem Leben König Asas. Lychen (Daniel) 2008.

Wer ist ein Gott wie du? Der Prophet Micha. Lychen (Daniel) 2009.

Wenn ihr zusammenkommt … Die biblische Predigt nach 1. Korinther 14. Lychen (Daniel) 2013.

Spielt keine Rolle? Die Geschlechterordnung – eine kulturelle Konstruktion oder Absicht des Schöpfers? Lychen (Daniel) 2017.

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