Der bruederbewegung.de-Fragebogen
Ausgefüllt von Martin Vedder (Morsbach) am 11. März 2005

Martin Vedder wurde 1942 geboren. Von 1965 bis 1967 war er Lehrer an einer Sonderschule für Lernbehinderte. 1968–1969 bereitete er sich in der französischsprachigen Schweiz (Sprachschulung) sowie in Belgien (Tropenmedizin) auf einen Missionseinsatz in Afrika vor, 1969–1971 war er dann als Missionar in Kamerun tätig. Seit 1972 arbeitet er mit Fernbibelkursen (seit 1973 mit der Emmaus-Fernbibelschule, die er heute auch leitet). 1974 gründete er den Arbeitskreis für Ausländermission in der Bundesrepublik Deutschland (AfA), den er bis 1980 leitete. 1976 rief er die Zentralafrika-Mission e.V. ins Leben, deren Leiter er immer noch ist. Daneben ist er als Bibellehrer in Deutschland unterwegs, führt Konferenzen und Seminare auf verschiedenen Missionsfeldern durch und ist in seiner Heimatgemeinde, der „Freien Brüdergemeinde“ Waldbröl, als Mitältester aktiv.


1. Wer hat Sie als geistliches Vorbild in Ihrem Glauben besonders geprägt?

a) Jean André in den 60er Jahren durch sein bescheidenes Auftreten, obwohl er zu den reichsten Männern der Schweiz zählte.

b) Henk Heijkoop als Bibellehrer, aber auch weil er als einer der ganz wenigen „Brüder“ in der Hitlerzeit Flagge zeigte (indem er verfolgten Juden half).

c) Mein eigener Großvater Otto Bubenzer sen., der zweimal vor dem Sondergericht stand und sehr stark in der Naherwartung des wiederkommenden Herrn lebte.

d) Meine Großmutter Selma Bubenzer, die praktisches Christentum vorlebte und die Liebe zu allen Heiligen nicht nur im Munde führte ...

e) Der Evangelist Erich Bonsels sen., der mit erstaunlichem Beharrungsvermögen ein Glaubenswerk unter den „geschlossenen Brüdern“ aufbaute, das seinesgleichen sucht.

f) Mein jüngerer Vetter Eckhard Bubenzer, der mein Herz für die Mission erwärmte.


2. Welchem Buch verdanken Sie entscheidende Anstöße und Einsichten?

a) Glühende Retterliebe von Oswald Smith.
b) Niemals enttäuscht von Arthur T. Pierson (Biographie Georg Müllers).


3. Gab es in Ihrem Leben eine Situation, die Sie als besondere „Erfahrung mit Gott“ erlebt haben? Wenn ja, welche?

a) Eine Bibelstunde in einem Hauskreis Anfang 1972, der sich aus Geschwistern zusammensetzte, deren geistliche Heimat die landeskirchliche Gemeinschaft, die Baptistengemeinde und eine freie Brüderversammlung war. Was für mich besonders frappierend, ja geradezu umwälzend war, war die Tatsache, dass mein geliebter Herr Jesus nicht nur zu Gast war, sondern offensichtlich der Mittelpunkt, um den sich alles drehte. Bis dahin glaubte und verkündigte ich, dass Er nur bei uns (ich gehörte damals zu den „geschlossenen Brüdern“) in der Mitte sein könne. Nun wurde ich vom Gegenteil überzeugt, und dadurch nahm mein ganzes weiteres Leben eine total neue Wendung.

b) Die Hilfe meines Herrn im Oktober 1969 auf der Ausreise nach Kamerun, als ich in der großen Moschee von Dakar (Senegal) etwa eine Stunde das Evangelium verkündigen konnte und die Moslems mich anschließend umbringen wollten. Als ich nach Verlassen der Moschee auf die draußen tobende Menge zuging – der ganze Innenhof war brechend voll mit fanatischen Moslems, die meinen Tod forderten –, erfüllte mich der Friede Gottes und das Bewusstsein, dass „mir nichts kann geschehen, was Er nicht hat ersehen ...“ Und ich erlebte wie mein Herr vor 2000 Jahren, dass die Menschenmenge sich teilte und ich mitten durch sie hindurchging und keiner mich anfasste, trotz Toben und Brüllen und wilden Verwünschungen ...

c) In einer Gefängniszelle im Mai 1973 in Douala (Kamerun), als ich feststellen musste, dass mein engster Vertrauter und Mitarbeiter mich an die Geheimpolizei verraten hatte. Ich habe selten vorher oder auch nachher die Nähe meines Herrn so verspürt wie in dieser nicht ganz einfachen Zeit. Ich machte die wunderbare Erfahrung, wie der Herr von aller Bitterkeit frei machen kann und auch von allen Sorgen in Bezug auf die eigene Frau mit den kleinen Kindern, die ich in Seiner Hand geborgen wusste


4. Haben Sie eine Lieblingsfigur in der Bibel?

a) David – er war bereit, sein Versagen auch öffentlich zu bekennen und nicht nur seinem „Seelsorger“, wie es bei Saul der Fall war.

b) Petrus – er übernahm Verantwortung, aber er nahm auch Korrektur an und trug nicht nach (vgl. Galater 2 mit 2. Petrus 3 in Bezug auf Paulus).

c) Barnabas – er ließ dem anderen den Vortritt (Paulus) und suchte nicht seine eigene Ehre.


5. Welcher biblischen Person würden Sie gerne einmal eine Frage stellen? Welche?

Adam nach der Vertreibung aus dem Paradies: „Wie ist dein Verhältnis zu Eva wieder ins Reine gekommen, nachdem du sie so vor Gott verklagt hast?“


6. Gibt es einen Lieblingsbibelvers, der Sie schon länger „begleitet“?

„Alles vermag ich in dem, der mich kräftigt“ (Philipper 4,13).


7. Wie schaffen Sie es, im Alltag Gott zu begegnen und geistlich aufzutanken?

Durch die ständige Zwiesprache mit Gott.


8. Welche Bibelübersetzung nutzen Sie in der Regel und warum?

Die Revidierte Elberfelder, neuerdings auch die Schlachter – beide wegen ihrer Nähe zum Grundtext, die erstere auch wegen ihrer Vertrautheit von Jugend an.


9. Was halten Sie für die charakteristische Stärke bzw. Schwäche der Brüderbewegung? Anders gefragt: Welche Impulse/Anstöße gingen oder gehen von der Brüderbewegung aus? Welche Impulse/Anstöße würden ihr vielleicht gut tun?

Stärken:

a) Festhalten an der vollen Inspiration der Heiligen Schrift,
b) Praktizieren des allgemeinen Priestertums (mit Abstrichen!),
c) regelmäßiges sonntägliches Brotbrechen mit gemeinsamer Anbetung,
d) dem Zeitgeist weniger verfallen als andere „Gruppierungen“ (vor allem in der „Frauenfrage“).

Schwächen:

a) zu große Betonung von Äußerlichkeiten bei den „geschlossenen Brüdern“ und einem Teil der „Freien Brüder“,
b) elitäres Denken, vor allem bei den „geschlossenen Brüdern“,
c) materialistische Einstellung in allen verschiedenen „Richtungen“,
d) zu starke Abhängigkeit von den Schriften der „Väter“,
e) das Fehlen klarer Führungsstrukturen in vielen Ortsgemeinden (die vielfach vorhandenen „Brüderstunden“ sind kein Ersatz für den biblischen „Ältestenkreis“).


10. Was verbindet Sie persönlich mit der Brüderbewegung?

Ich bin in ihr aufgewachsen. Fast alle Freunde, Bekannte und Verwandte gehören dazu. Aber vor allem die dort immer noch starke Bindung an die Heilige Schrift.


11. Gibt es Themen oder Aspekte, die Ihrer Meinung nach in Kreisen der Brüderbewegung weniger (vielleicht zu wenig) beachtet werden? Welche stehen besonders im Vordergrund (oder werden sogar überbetont)?

Zu wenig: persönliche Heiligung und Nachfolge.
Zu viel: falsch verstandene „Absonderung“ („geschlossene Brüder“).


12. Welche Chancen und Gefahren sehen Sie in Zukunft auf die Brüderbewegung zukommen?

Chance: geistliche Heimat für viele in den Freikirchen und Gemeinschaften heimatlos gewordene Gläubige.

Gefahr: schleichende, von vielen nicht bemerkte Bewusstseinsveränderung durch charismatische Einflüsse oder auch pragmatisch betriebene Jugendarbeit einschließlich der damit verbundenen neuen Musikformen.


13. Sonstige Kommentare und Bemerkungen:

Der Umgang unter Brüdern lässt manchmal zu wünschen übrig. Wir müssen lernen, die Beurteilung des Herzenszustandes Gott zu überlassen, und ansonsten das tun, was Er uns vor die Füße legt. Weniger Rechthaberei und mehr Bescheidenheit täte uns allen gut ...

StartseitePersonen > Fragebogen > Vedder


© 2005 by bruederbewegung.de · Letzte Änderung: Samstag, 15. Juli 2023