Interview mit Dr. Stefan Drüeke
und Wilfried Haldenwang

Seit 2003 liegt die sog. Elberfelder Bibel zusätzlich zur revidierten Fassung, die im R. Brockhaus Verlag erscheint, auch in einer „überarbeiteten“ Version vollständig vor. Dr. Stefan Drüeke und Wilfried Haldenwang erläutern stellvertretend für das Bearbeiter-Team und den Verlag Christliche Schriftenverbreitung einige Hintergründe der Überarbeitung.


Frage: Wie waren bisher die Reaktionen der Leser auf die überarbeitete Version der Elberfelder Übersetzung (das NT erschien ja bereits 1996/99, das Johannes-Evangelium schon 1989)?

Antwort: Die Reaktionen vieler Leser waren äußerst konstruktiv.

Frage: Aus welchen Gründen war eine Revision der alten Elberfelder Übersetzung überhaupt nötig?

Antwort: Unter Einbeziehung der neuesten Grundtextausgaben konnte die Genauigkeit der Übersetzung weiter verbessert werden. Gleichzeitig wurden sprachliche und stilistische Glättungen vorgenommen. „Dabei war es Wunsch und Ziel der Bearbeiter, dass diese Ausgabe der Heiligen Schrift weiterhin dem Anspruch genügt, möglichst wortgetreu und doch verständlich zu sein“ (aus dem Vorwort zur 1. Auflage 2003).

Frage: Auf welche Grundtext-Ausgaben stützt sich die Überarbeitung?

Antwort: K. Elliger und W. Rudolph: Biblia Hebraica Stuttgartensia, Stuttgart 21984; Nestle-Aland: Novum Testamentum Graece, Stuttgart 271993; The New Testament: The Greek Text ... London, Trinitarian Bible Society 1976.

Frage: Jüngere Leser werden sich freuen, dass die Übersetzung sprachlich leichter und flüssiger lesbar ist als der Text der alten Elberfelder Übersetzung. Fällt manchen älteren Lesern, die viele Bibelverse in der alten Fassung „im Ohr“ haben oder sogar auswendig können, die Umstellung nicht u.U. sehr schwer?

Antwort: Siehe Antwort zur ersten Frage: Die Reaktionen vieler Leser waren äußerst konstruktiv.

Frage: Das Wort Jehova wird in der Überarbeitung im Gegensatz zur alten Elberfelder Übersetzung nicht mehr verwendet. Warum?

Antwort: „Der früher mit Jehova wiedergegebene Name des Bundesgottes Israels JHWH ist durch HERR (in Kapitälchen) ersetzt worden. Die Wiedergabe durch Herr (ohne Artikel), die der Heilige Geist im Neuen Testament für diesen Namen benutzt hat (vgl. Matthäus 1,20 mit Fußnote), hat uns bei diesem Schritt bestärkt. Die Übernahme der Bezeichnung Jahwe hielten wir nicht für sinnvoll, da sie lediglich eine wissenschaftliche Rekonstruktion des ursprünglich nur mit Konsonanten geschriebenen alttestamentlichen Gottesnamens JHWH ist. Seine genaue Aussprache ist nicht mehr bekannt, weil stattdessen im Hebräischen immer Adonai (‚Herr‘) oder in der Verbindung Adonai-JHWH immer Elohim (‚Gott‘) gelesen wurde und wird. Die von JHWH abgeleitete seltene Kurzform Jah wurde entsprechend der hebräischen Schreibweise beibehalten. Im Allgemeinen ist im Alten Testament ‚Gott‘ oder ‚Götter‘ die Wiedergabe des hebräischen Namens Elohim (eine Pluralform). Auf die Verwendung der beiden anderen hebräischen Namen Gottes: El ‚der Starke‘, Eloah ‚der Mächtige, Unumschränkte‘ oder ‚der Furcht Einflößende‘ wird jeweils in den Fußnoten hingewiesen“ (aus dem Vorwort zur 1. Auflage 2003).

Frage: Welche Gründe sprachen dafür, ekklesia weiter mit „Versammlung“ statt „Gemeinde“ zu übersetzen?

Antwort: „Das Wort ‚Versammlung‘ statt des bekannteren ‚Gemeinde‘ zur Bezeichnung aller Christen an einem Ort (zum Beispiel 1. Korinther 1,2) und in ihrer Gesamtheit (z.B. Epheser 5,25) wurde beibehalten. Es scheint die direkte und einfachste Übersetzung des griechischen Wortes ekklesia zu sein“ (aus dem Vorwort zur 1. Auflage 2003).

Frage: Erschwert diese Formulierung nicht die Etablierung der überarbeiteten Version in einer breiten Leserschicht?

Antwort: Der griechische Ausdruck ekklesia bezeichnet „ursprünglich eine einberufene Versammlung (Apostelgeschichte 19,39), eine Menschenansammlung (Apostelgeschichte 19,32.40), dann die Volksgemeinde Israels (Apostelgeschichte 7,38; Hebräer 2,12); [ist] meistens jedoch auf die Gesamtheit aller Christen an einem Ort, weltweit oder in ihrer Vollendung (alle Christen aller Zeiten) bezogen. In 1. Korinther 14,19 und anderen Stellen werden auch die Zusammenkünfte der Versammlung so bezeichnet. Das Wort ‚Gemeinde‘ kann diese Bedeutungen nicht wiedergeben, und das Wort ‚Kirche‘ hat zu stark die Bedeutung einer organisierten Institution angenommen. Daher verwenden wir weiterhin die wörtliche Übersetzung ‚Versammlung‘ mit den erwähnten Bedeutungen“ (aus den Worterklärungen der 1. Auflage 2003). Der Begriff „Versammlung“ ist im Deutschen sicher nicht schwieriger zu verstehen als der Begriff „Gemeinde“.

Frage: Auf welchen Personen lag die Hauptlast der Überarbeitung? Gab es eine Rollen- oder Aufgabenverteilung oder individuelle Schwerpunkte?

Antwort: Im Konsens mit dem Verlag Christliche Schriftenverbreitung möchten die Bearbeiter – wie allgemein üblich – nicht erwähnt werden (siehe 1. Korinther 1,31; 2. Korinther 10,18).

Frage: Bitte beschreiben Sie kurz den Arbeitsprozess der Überarbeitung: Über welchen Zeitraum erstreckte sich die Arbeit? Gab es regelmäßige Klausurtagungen oder v.a. schriftlichen Kontakt der Bearbeiter? Gab es besondere Situationen / Schwierigkeiten / Erlebnisse?

Antwort: Der wichtigste „Arbeitsprozess“ war das Gebet. Durch persönliche Vorarbeit und regelmäßige Sitzungen entstand diese Bibelausgabe.

Frage: Für Außenstehende mag es schwierig nachzuvollziehen sein, warum es jetzt drei Elberfelder Übersetzungen gibt: eine alte, eine revidierte und eine überarbeitete. Welche Gründe sprachen für eine Überarbeitung der alten Elberfelder Übersetzung, obwohl bereits seit Jahren eine revidierte Fassung vorliegt?

Antwort: Die Überarbeiter stützten sich beim Alten Testament zuallererst auf den masoretischen Text, dann auf andere hebräische Handschriften. In der Septuaginta auftretende Abweichungen davon wurden zum Teil in den Fußnoten berücksichtigt. Beim Neuen Testament wurde zwischen Nestle-Aland: Novum Testamentum Graece, Stuttgart 271993 und The New Testament: The Greek Text ..., London, Trinitarian Bible Society 1976 abgewogen und der Fußnotenapparat erweitert. Dazu wurde versucht, neben der Genauigkeit der Übersetzung auch eine bessere Lesbarkeit zu erreichen.

Frage: Wo sind denn genau die Unterschiede zwischen der revidierten Elberfelder Übersetzung und der überarbeiteten Elberfelder Übersetzung?

Antwort: Siehe die Antwort zu der vorigen Frage.

Frage: Die bisherigen Teilausgaben der überarbeiteten Elberfelder Übersetzung erschienen in Kooperation mit dem R. Brockhaus Verlag, die erste Gesamtausgabe der überarbeiteten Bibel wird dagegen selbständig von der Christlichen Schriftenverbreitung herausgegeben. Warum wurde diese langjährige Zusammenarbeit nicht fortgesetzt?

Antwort: Bei der Impressumsangabe „R. Brockhaus Verlag“ ging es um einen Rechtsvermerk, der in der Gesamtausgabe nicht nötig ist.

Frage: Warum wird in der überarbeiteten Elberfelder Übersetzung auf Überschriften und Parallelstellenangaben verzichtet? Diese können doch oft Verständnishilfen geben, und Parallelstellen werden doch von vielen Lesern ohnehin per Hand nachträglich an den Rand ihrer Bibel notiert?

Antwort: „Auf die Einfügung von Abschnittsüberschriften wurde bewusst verzichtet, da sie auch in den Grundtexten nicht vorhanden sind“ und den Leser häufig in eine von den Bearbeitern vorgegebene exegetische Richtung lenken. „Einige Parallelstellenhinweise im Alten Testament wurden beibehalten; im Neuen Testament sind weiterhin nur deutlich erkennbare Zitate aus dem Alten Testament angegeben“ (aus dem Vorwort zur 1. Auflage 2003).

Frage: Vor einigen Jahrzehnten gab es Neue Testamente mit Psalmen, die mit einem stabilen Ledereinband wunderbar in die Tasche passten (für Zugreisen etc.) und dennoch von der Schriftgröße her gut lesbar waren. Ist eine solche Ausgabe mit Psalmen eventuell wieder geplant?

Antwort: Eine entsprechende Ausgabe ist geplant.

Frage: Ist auch eine Ausgabe als CD-ROM geplant?

Antwort: Ja.


Die Fragen stellte Ulrich Müller. Das Interview wurde im Februar 2004 geführt.
© bruederbewegung
.de

Hier haben wir die Geschichte der Elberfelder Bibel zusammengefasst.


Hinweis: Die auf bruederbewegung.de veröffentlichten Positionen von Interviewpartnern stimmen nicht notwendigerweise mit der Meinung der Initiatoren dieser Website überein.

StartseitePersonen > Interviews > Drüeke und Haldenwang


© 2004 by bruederbewegung.de · Letzte Änderung: Montag, 26. Dezember 2016