Geistliche Lieder 71–80

Textgrundlage: Kleine Sammlung Geistlicher Lieder. Der Taschen-Ausgabe 5. Auflage. Elberfeld (R. Brockhaus) 1927.

Quelle für die Angaben zu Dichtern und Komponisten: Glaubenslieder. Neue Ausgabe. 7. überarbeitete und erweiterte Auflage. Wuppertal/Zürich/Bielefeld (R. Brockhaus / CLV) 1998.


Lied 71

Herr, Du bist vorangegangen,
Unsre Stätte ist bereit,
Kommst zurück, uns zu empfangen,
Und zu enden alles Leid.
Eh’ noch die Gerichte toben,
Werden wir zu Dir erhoben,
Eh’ der Tag des Zorns erscheint,
Hast Du uns mit Dir vereint.

Stärk uns jetzt auf Deinem Pfade,
Daß wir treu Dir folgen nach,
Nicht versäumen Deine Gnade;
Halt uns nüchtern, halt uns wach!
Bis zu jenem neuen Morgen,
Wo die Güter, jetzt verborgen,
Unsre Herzen stets erfreun,
Und wir ew’ges Lob Dir weihn.

(Carl Brockhaus 1822–1899 · Melodie von Christoph Anton 1643)


Lied 72

Du führtest uns ins Heiligtum,
Nicht sind wir mehr geschieden,
Wir singen Deines Namens Ruhm
Und beten an in Frieden.
O Liebesglut!
Du gabst Dein Blut.
Von Sünd’ sind wir gereinigt
Und sind mit Dir vereinigt.

Nichts trennt uns mehr. Des Vaters Herz
Ist uns in Dir geschenket –
Das Herz, das stets in Leid und Schmerz
So liebend an uns denket.
Es hebt und trägt,
Es sorgt und pflegt,
Es segnet ohn’ Ermüden,
Versäumet keins hienieden.

Wie unaussprechlich ist die Gnad’,
Wie reich die Segensfülle,
Die stets erhellet unsern Pfad
Und macht das Herz so stille!
O gib, daß wir
Im Glauben hier
Auf Dich, o Jesu, sehen
Und Deine Lieb’ verstehen!

(Carl Brockhaus 1822–1899 · Melodie von Severus Gastorius 1646–1682)


Lied 73

Ach, bleib’ mit Deiner Gnade
Bei uns, Herr Jesu Christ,
Daß uns hinfort nicht schade
Des bösen Feindes List.

Ach, bleib mit Deinem Worte
Bei uns, Erlöser wert,
Daß uns in diesem Horte
Sei Trost und Heil beschert.

Ach, bleib mit Deiner Klarheit
Bei uns, Du wertes Licht,
Umgürt’ uns mit der Wahrheit,
Damit wir irren nicht.

Ach, bleib mit Deinem Segen
Bei uns, Du reicher Herr,
Dein Gnad’ und Allvermögen
In uns reichlich vermehr’.

Ach, bleib mit Deinem Schutze
Bei uns, Du starker Held,
Daß uns der Feind nicht trutze,
Noch fäll’ die böse Welt.

Ach, bleib mit Deiner Treue
Bei uns, Du Herr und Gott.
Beständigkeit verleihe,
Hilf uns aus aller Not.

(Josua Stegmann 1588–1632 · Melodie von Melchior Vulpius 1570–1615)


Lied 74

Herr, Dir bringen Lob und Dank und Ehre
Wir, Dein teures Eigentum,
Stimmen ein ins Lob der Himmelschöre,
Zu erhöhen Deinen Ruhm.
Durch Dein Blut hast Du uns Gott erkaufet,
Durch den Geist zu einem Leib getaufet,
Deinen Frieden uns geschenkt,
Deine Lieb’ ins Herz gesenkt.

Du, der Erstgeborne vieler Brüder,
Bist uns schon vorangeeilt,
Ziehst als Haupt Dir nach all Deine Glieder,
Kehrest wieder unverweilt.
Bald wirst Du zu unsrer Freud’ erscheinen,
Wirst uns alle dort mit Dir vereinen,
Wo wir, frei von Kampf und Leid,
Ruhn in Deiner Herrlichkeit.

„Komm, o komm, Herr Jesu, bleib nicht lange!“
Ruft der Geist und Deine Braut.
Stille bald das sehnliche Verlangen,
Dieses Flehn, so brünstig laut.
Laß uns bald zu Deiner Rechten stehen
Und in Deiner Herrlichkeit Dich sehen,
Ewig schaun Dein Angesicht.
Komm, o Jesu, säume nicht!

(Carl Brockhaus 1822–1899 · Melodie Herrnhut um 1755)


Lied 75

O wie unaussprechlich selig
Werden wir im Himmel sein,
Wo die Deinen unaufhörlich
Sich mit Dir, o Jesu, freun!

Ewig fern sind alle Leiden,
Wenn wir dort verherrlicht stehn.
Unser Herz frohlockt mit Freuden,
Wenn wir Dich, o Jesu, sehn.

Jedes Auge wird Dich kennen,
Wird Dich sehen, wie Du bist,
Jedes Herz in Liebe brennen,
Dort, wo alles Liebe ist.

Dann wird Deiner Heil’gen Menge
Ein Herz, eine Seele sein.
Preis und Dank und Lobgesänge
Werden sie Dir ewig weihn.

(Str. 1 und 4 nach Benjamin Schmolck 1672–1737, bearbeitet von Johann Samuel Diterich 1721–1797; Str. 2 und 3 unbekannt · Melodie Elberfeld 1853)


Lied 76

Ich walle in der Fremde,
Von Menschen ungekannt,
Doch leiten Deine Hände
Mich treu zum Vaterland.
Bei jedem sauren Schritte
Gewahrt mein Glaube Dich,
Ich find’ hier Deine Tritte,
Die Du einst tatst für mich.

Geh’ ich auf harten Wegen,
Auf mühevollem Pfad,
Ich eile Dir entgegen,
Mich leitet Deine Gnad’.
Will mich der Lauf ermüden,
Und find’ ich nirgend Ruh’,
Ist doch mein Herz in Frieden,
Denn meine Ruh’ bist Du.

Und wenn ich schwach mich finde,
Gering vor Satans List,
Ich dennoch überwinde,
Weil Du zur Seit’ mir bist.
Bist Speis’ und Trank auf Erden,
Wo Brot und Quelle fehlt.
Wie könnt’ ich zaghaft werden?
Hast selbst mein Haar gezählt!

(Carl Brockhaus 1822–1899 · Melodie von Wilhelm Brockhaus 1819–1888)


Lied 77

Herr Jesu Christ, mein Leben,
Du hast Dich selbst gegeben
Für mich zum Opfer dar.
Dein Blut hat mich gereinigt,
Ich bin mit Dir vereinigt,
Mit Dir, o Herr, auf immerdar.

Mein Hoffen ist lebendig
Und bleibet hier beständig
Auf Dich, o Herr, gericht’t.
Bald werde ich Dich droben
Mit tausend Freuden loben,
Wenn ich werd’ schaun Dein Angesicht.

Auch jetzt sei Dir mein Leben
Und alles hingegeben,
Was ich hier hab’ und bin.
Du hast mich ganz erworben,
Da Du für mich gestorben,
Drum nimm mich ganz zum Opfer hin.

Ich will an nichts mehr denken,
Ich will mich auch nicht kränken
Um das, was künftig ist:
Ich will von Deinen Händen
Mich lassen drehn und wenden.
Genug, daß Du mein Alles bist.

(Str. 1 Carl Brockhaus 1822–1899 [?], Str. 2 nach Ernst Gottlieb Woltersdorf 1725–1761, Str. 3 und 4 Anna Nitschmann 1715–1760 · Melodie von Wilhelm Brockhaus 1819–1888)


Lied 78

Auf dem Lamm ruht meine Seele,
Betet voll Bewund’rung an.
Alle, alle meine Sünden
Hat Sein Blut hinweggetan.

Sel’ger Ruhort! – Süßer Friede
Füllet meine Seele jetzt.
Da, wo Gott mit Wonne ruhet,
Bin auch ich in Ruh’ gesetzt.

Ruhe fand hier mein Gewissen,
Denn Sein Blut – o reicher Quell!
Hat von allen meinen Sünden
Mich gewaschen rein und hell.

Und mit süßer Ruh’ im Herzen
Geh’ ich hier durch Kampf und Leid,
Ew’ge Ruhe find’ ich droben
In des Lammes Herrlichkeit.

Dort wird Ihn mein Auge sehen,
Dessen Lieb’ mich hier erquickt,
Dessen Treue mich geleitet,
Dessen Gnad’ mich reich beglückt.

Dort besingt des Lammes Liebe
Seine teu’r erkaufte Schar,
Bringt in Zions sel’ger Ruhe
Ihm ein ew’ges Loblied dar.

(nach Julius Anton von Poseck 1816–1896 · Melodie von Wilhelm Brockhaus 1819–1888)


Lied 79

Himmelsheimat über Sternen droben,
Ziel der Sehnsucht hier in Mesechs Land,
Ruhplatz derer, die bald aufgehoben,
Himmelsstadt, dem Glauben wohlbekannt.

O Jerusalem! zu deinen Toren
Ziehen bald im Siegsgepränge ein
Müde Pilger, die aus Gott geboren,
Um sich deiner Ruhe zu erfreun.

Auch ich wend’ im Glauben meine Blicke
Oft zu deinen Perlentoren hin,
Und mein Herz – es sehnt sich nicht zurücke,
Möchte gern der Erde ganz entfliehn.

Möchte gern auf ewig droben leben
Mit der auserwählten, sel’gen Schar,
Ewig meines Heilands Ruhm erheben
Und mich Seiner freuen immerdar.

Nicht zur Stadt mit ihren goldnen Gassen
Geht des Herzens tiefste Sehnsucht hin,
Ewig möchte Ihn ich nur umfassen,
Dessen teures Eigentum ich bin.

O mein Jesus! stille bald das Sehnen
Deiner Heil’gen, noch im Pilgerkleid,
Trockne bald des Heimwehs heiße Tränen,
Hol’ sie heim in Deine Herrlichkeit.

(nach Adeline Birke geb. Schöneborn 1832–1869 · Melodie von unbekanntem Komponisten)


Lied 80

Vater! Du, der Liebe Fülle,
Bleibest immer treu und gut.
Selig ist das Herz und stille,
Wenn’s in Deiner Liebe ruht.
Du gabst hin für unsre Schuld
Deinen Sohn – o welche Huld!
Solltest Du den Sohn uns schenken
Und nicht liebend an uns denken?

Ja, Du sorgest ohn’ Ermüden
Für uns alle, Tag und Nacht.
Nie sind wir verwaist hienieden,
Vatertreu’ uns stets bewacht.
Deiner Liebe ist allein
Nichts zu groß und nichts zu klein.
Wo wir gehen, wo wir stehen,
Läßt Du Deine Lieb’ uns sehen.

Du erquickst und stärkst die Müden,
Machst getrost der Schwachen Herz,
Leitest sie in Deinem Frieden,
Leitest sie durch Kampf und Schmerz.
Dank, o Vater, Dank sei Dir,
Preis, Anbetung für und für!
O welch Vorrecht, Dich zu loben,
Dich zu preisen hier und droben!

(Carl Brockhaus 1822–1899 · Melodie aus dem 15. Jahrhundert, geistlich Louis Bourgeois 1551)

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