Geistliche Lieder 101–110

Textgrundlage: Kleine Sammlung Geistlicher Lieder. Der Taschen-Ausgabe 5. Auflage. Elberfeld (R. Brockhaus) 1927.

Quelle für die Angaben zu Dichtern und Komponisten: Glaubenslieder. Neue Ausgabe. 7. überarbeitete und erweiterte Auflage. Wuppertal/Zürich/Bielefeld (R. Brockhaus / CLV) 1998.


Lied 101

O Glück unaussprechlich! Gott zürnet nicht mehr.
Den feindlichen Sünder begnadigte Er.
All unsre Sünd’
Ist längst gesühnt,
Der Kerker gekettet,
Der Tod ist getötet.
In Jesu ward Heil uns und Leben.

Am Throne der Gnade – wer fasset dies Glück? –
Begegnet uns, Jesu, Dein huldreicher Blick.
Du Menschensohn
Auf Gottes Thron,
Vertrittst uns dort immer,
Versäumest uns nimmer,
Bist unser getreuer Sachwalter.

Bald kommst Du im Glanze vom Himmel aufs neu’
Und krönest Dein Siegen und machst uns ganz frei.
Die sel’ge Braut
Frohlocket laut,
Wenn heim sie geführet,
Mit Dir triumphieret
Und droben, wie Du bist, Dich schauet.

Unendliche Liebe, wie reich machst Du doch!
Du liebst uns, o Heiland, was fehlet uns noch?
Wie danken wir,
O Liebe, Dir!
Bald werden wir droben
Dich ewiglich loben
Und Ehr’ und Anbetung Dir bringen.

(Frédéric Guillaume Clottu 1798–1830, deutsch Julius Anton von Poseck 1816–1896 · Melodie von Carl Brockhaus 1822–1899)


Lied 102

Dank, Anbetung sei geweihet,
Jesu, Dir, Du höchster Ruhm!
Fried’ und Hoffnung uns erfreuet,
Seit Du weilst im Heiligtum.
Nichtig sind die Erdenfreuden,
Wertlos Erdengüter jetzt.
Mag hienieden alles scheiden,
Alles wird durch Dich ersetzt.

Um uns her ist eine Wüste,
Wo die Seele nichts erquickt.
Unser Herz sucht jene Küste,
Wo das Auge Dich erblickt.
Nicht mehr lange wird es währen,
Und die Nacht ist ganz vorbei,
Dann wird alles Dich verehren,
Und die Schöpfung selbst wird frei.

Dann ist jeder Schmerz gestillet,
Jede Träne abgewischt.
Freude nur das Herz erfüllet,
Sel’ge Freude unvermischt.
Diese Welt, wo Du gelitten,
Die auch uns verwarf mit Dir,
Sieht verherrlicht Dich inmitten
Deiner Heil’gen, eins mit Dir.

Kron’ und Zepter wirst Du teilen
Dort mit Deiner sel’gen Braut.
Ewig wird sie bei Dir weilen,
Die hier glaubend Dir vertraut.
Schauend ihre Füll’ und Habe,
Preist sie Dich ohn’ Unterlaß.
Doch daß Du bist ihre Gabe,
Bleibt der Freude höchstes Maß.

(Carl Brockhaus 1822–1899 · Melodie von Wilhelm Brockhaus 1819–1888)


Lied 103

Alles sei Dir übergeben,
Du sollst Rat und Helfer sein.
Du bist Wahrheit, Weg und Leben,
Dir vertrau’ ich mich allein.
Geht es gleich durch manch Gedränge,
Siehst Du doch den Ausgang schon,
Und Dein Weg trägt in die Länge
Den erwünschten Sieg davon.

Deine Wahrheit kann nicht trügen,
Weil Du selbst die Wahrheit bist,
Deine Liebe nie versiegen,
Weil Du selbst die Liebe bist.
Du wirst alles das erfüllen,
Was Dein heilig Wort verheißt,
Und mein Herz vollkommen stillen.
Diesen Trost mir nichts entreißt.

Ja, Du wirst mich treu bewahren,
Leiten mich durch Deinen Geist,
Und mein Glaube wird erfahren,
Daß Du Rat und Helfer heißt.
Ich vertrau’ mich Deinen Händen,
Sehe Deiner Führung zu,
Und Dein gnädiges Vollenden
Leitet mich zur ew’gen Ruh’.

(bei Samuel Elsner 1832 · Melodie von Wilhelm Brockhaus 1819–1888)


Lied 104

Zu Dir, o Jesu, führt mein Pfad.
Ich geh’ getrost, das Endziel naht,
Wo ich die Wüste werd’ verlassen.
Hier find’ ich nichts, doch Du bist mein,
Bin nie vergessen, nie allein.
Wer kann, Herr, Deine Liebe fassen?
Einst floß Dein Blut, es floß für mich.
Ich bin versöhnt, und Dein bin ich!

Durch Dich, o Herr, ist all mein Heil.
Ein lieblich Los ward mir zuteil,
Als, Jesu, Du Dich mir gegeben.
Durch Dich ist alles, was ich hab’,
Du bist mein Stecken und mein Stab,
Bist meine Hoffnung und mein Leben.
Durch Dich ist all mein Trost im Leid,
Durch Dich ist mein die Herrlichkeit.

Mit Dir ich wandle. Unverweilt
Mein Fuß durch diese Wüste eilt,
Wo keinen Ruhort Du gefunden.
Ich seh’ nur Kampf und Leiden hier.
Ich geh’ hindurch, doch nur mit Dir.
Mit Dir ist alles überwunden.
O Herr, dies eine bleibe mir,
Daß stets ich wandle treu mit Dir.

Für Dich nur darf mein Leben sein,
Und was ich hab’, für Dich allein,
Weil Du am Kreuze mich erworben.
Von Sünd’ und Tod bin ich befreit
Und bin zu Deinem Dienst geweiht.
Ich lebe jetzt, weil Du gestorben.
O welche Huld! Wie liebst Du mich!
Ja, was ich bin, bin ich für Dich!

Bei Dir, o Jesu, werd’ ich sein,
Wenn Du mich führst zur Ruhe ein,
Bei Dir, wo jeder Kampf beendet.
Dort werde ich Dein Antlitz schaun
Mit allen, die auf Dich hier traun.
Dort ist mein Glaubenslauf vollendet.
Ich werd’ verherrlicht sein mit Dir,
Stets jauchzen und lobsingen Dir.

(Carl Brockhaus 1822–1899 · Melodie Genf 1562)


Lied 105

Herr, Du kamst hernieder,
Hast uns versöhnt.
Gingst zum Vater wieder,
Wardst am Thron gekrönt.
Dein Eigentum
Sind wir, Gott zum Ruhm,
Sind durch Dich vertreten dort im Heiligtum.
Ewige Gnade! Wer liebt wie Du!
O welch hohe Gabe, welch sel’ge Ruh’!

Jetzt die Deinen beten
Freimütiglich,
Weil Du sie vertreten
Hohenpriesterlich.
Dein Angesicht
Ist auch jetzt gericht’t
Auf die Deinen alle. O Du läßt sie nicht!
Dein treues Lieben, Dein Opfertod
Brachte uns den Frieden in Sündennot.

Stehe auf vom Throne,
Du Gotteslamm!
Nimm die Braut zum Lohne,
Teurer Bräutigam!
Sie ist ja Dein,
Rufe bald sie heim,
In des Vaters Wohnung führ’ sie mit Dir ein.
An Deiner Rechten trifft sie kein Leid,
Nahen keine Schmerzen in Ewigkeit.

(Julius Anton von Poseck 1816–1896 · Melodie von César Malan 1787–1864)


Lied 106

Du, Herr, bist mein, o welche Gnade!
O welche Huld, ich bin jetzt Dein!
Was könnt’ auf meinem Pilgerpfade
Noch köstlicher, noch höher sein?
Was mich erfreut, was mich erquicket,
In Dir mein Glaube stets erblicket.

Du bist am Kreuz für mich gestorben,
Dort nahmst Du meine Stelle ein.
Dein Blut hat völlig mich erworben,
Mit Leib und Seele bin ich Dein.
Dein Sklave sein ist größre Ehre,
Als König über Land und Heere.

Ich hab’ genug, weil ich Dich habe,
Mein Geist frohlocket inniglich.
Wo findet eine solche Gabe
Auf Erden und im Himmel sich?
Mein Herz, zu groß für alle Dinge,
Zu klein, als daß es Dich umfinge.

Ich ruhe jetzt in Deiner Liebe,
Die all’ Erkenntnis übersteigt,
Genieße ihre süßen Triebe,
Die mein Verstand hier nie begreift.
Doch ob ihr Meer ich nicht ergründe,
Du bist der Fels, wo Ruh’ ich finde.

O Dank Dir, Jesu, Ruhm und Ehre
Gebühren Dir, nur Dir allein.
Dir ganz zu leben ich begehre,
Mein ganzes Herz nur Dir zu weihn,
Damit selbst in den schwersten Proben
An mir Dein Name werd’ erhoben.

(Carl Brockhaus 1822–1899 · Melodie von Dmitri Bortnjanski 1751/52–1825)


Lied 107

Unser Herz und Mund lobsinge
Dir, unserm Gott, der große Dinge
An allen Seinen Kindern tut.
O wie viele Lieb’sbeweise
Ermuntern uns zu Deinem Preise,
Wie meinst Du’s doch mit uns so gut!
In Deiner Lieb’ und Macht
Führst Du uns Tag und Nacht
Durch die Wüste,
Die nichts uns beut,
Als Kampf und Leid,
Führst uns in Deine Herrlichkeit.

Ja, wir preisen Deine Güte
Mit kindlich dankbaren Gemüte,
Wie viel hast Du an uns getan!
Des Erbarmens niemals müde,
Blickt uns Dein Angesicht voll Friede
Zu jeder Zeit gleich liebreich an.
Anbetung, Preis und Ruhm
Sei Dir im Heiligtum
Von uns allen
Durch Jesum Christ!
Wie köstlich ist,
Daß Du durch Ihn jetzt unser bist!

(nach Christian Gottfried Clemens 1743–1815 · Melodie von Philipp Nicolai 1556–1608)


Lied 108

Freudig ziehen, voll Verlangen,
Gottes Pilger hin zum Vaterhaus.
Schauen aufwärts ohne Bangen,
Das Erbarmen trieb die Furcht ja aus.
Wollen auch des Satans Pfeile schrecken,
Drücken auch die Leiden dieser Zeit,
Nichts kann schaden – Jesu Hände decken
Sich zum Schilde über uns im Streit.

Wer darf zagen, wer darf klagen,
Wer ermatten hier im Kampf und Lauf?
Der die Schuld gesühnt, getragen,
Trägt zur heil’gen Stätt’ uns auch hinauf.
Bald, ja bald am Ziele, an der Schwelle,
Bald tönt der Posaune froher Schall,
Und dann steigen auf aus ihrer Zelle
Die entschlafnen Brüder ohne Zahl.

Ja, wir ziehen Dir entgegen,
Nur bei Jesu, Dir, ist wahre Ruh’.
Stets erquickt durch Himmelssegen,
Wallen wir der Heimat fröhlich zu.
Und den guten Kampf in Deinem Namen
Kämpfend, rufen wir voll Sehnsucht: „Komm!“
„Ja, ich komme bald!“ – so sagst Du, – „Amen!“
O welch süßer Trost! – „Herr Jesu, komm!“

(Carl Brockhaus 1822–1899 · Melodie von Wilhelm Brockhaus 1819–1888)


Lied 109

Dich, o Vater, zu verehren,
Dir zu bringen Preis und Dank,
Ist das einzige Begehren,
Wenn wir nahn mit Lobgesang.
Es erquicket uns Dein Friede,
In uns wohnt und zeugt Dein Geist,
Deine Liebe wird nicht müde,
Immer sie sich treu erweist.

Deiner Obhut übergeben,
Trägst Du uns bei Tag und Nacht.
Wer kann, Vater, g’nug erheben
Deine Liebe, Gnad’ und Macht?
Da wir arm und Sünder waren,
Gabst Du ja das Liebste schon,
Da wir nichts als Feinde waren,
Starb für uns Dein eigner Sohn.

Deiner Liebe reiche Fülle
Alles Denken übersteigt,
Hast sie völlig ohne Hülle
In dem Sohne uns gezeigt.
Und von Deiner Liebe singen,
Ist des Herzens wahre Freud’,
Ehre, Lob und Dank Dir bringen,
Ist für uns nur Seligkeit.

(Carl Brockhaus 1822–1899 · Melodie von Johann Jakob Walder 1750–1817)


Lied 110

Bilde unsre Herzen durch den Geist der Liebe,
Daß wir, Herr, Dich lieben inniglich,
Daß wir alle stets mit sehnsuchtsvollem Triebe,
Von der Welt getrennt, erwarten Dich.
Auf Dich hofft man nicht vergebens,
Deinem Wort vertrauen wir.
Christe Jesu, Fürst des Lebens,
Komm und nimm uns auf zu Dir!
Wo, befreit von Schmerzen,
Herr, an Deinem Herzen
Alle Heil’gen ewig ruhn.

Komme bald, Herr Jesu! Sehnsuchtsvoller sehen
Unsre Blicke auf zum Gnadenthron.
Immer wächst das Rufen; wartend wir hier stehen,
Bis Du kommst, o Jesu, Gottessohn.
Geist und Braut, sie flehn nach oben,
Wie einst Du im Pilgerkleid,
Daß wir, dieser Welt enthoben,
Bei Dir sei’n in Ewigkeit.
Deinen Geist verstehst Du,
Deine Braut erhörst Du;
Jesu, komm! wir warten Dein.

(François Olivier 1795–1890, frei übertragen von Julius Anton von Poseck 1816–1896 · Melodie von Wilhelm Brockhaus 1819–1888)

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